Um kommerziell erfolgreich zu sein, musste eine Völkerschau drei Elemente
vereinen:
1. Zum einen musste sie an bestehende Klischees anknüpfen und die
Menschen so zeigen, wie es die Zuschauer:innen erwarteten.
2. Um den Eindruck von Authentizität zu erzeugen, mussten diese
Klischees zusätzlich mit der Lebenswelt des Publikums in Verbindung
gesetzt werden. Die als «Wilde» präsentierten Menschen wurden deshalb
beispielsweise als Teil einer Familie gezeigt. Diese Verknüpfung
ermöglichte es den Zuschauer:innen, das Bekannte mit dem Fremden zu
vergleichen.
3. Um das Publikum in die Ausstellung zu locken, brauchte jede
Völkerschau etwas Spezielles, das sie von anderen Darbietungen abhob. So
kam es zum Beispiel dazu, dass ein-und-dieselbe Personengruppe in einem
Jahr als Togo-Dorf, im nächsten Jahr als Kongo-Dorf vermarktet wurde.
Entgegen der Behauptung der Organisatoren handelte es sich bei diesen
Völkerschauen zu keinem Zeitpunkt um authentische Darstellungen von
aussereuropäischen Menschen und deren Lebensweisen. Die Ausstellungen
inszenierten und reproduzierten gezielt einen einseitigen und
verfälschten Blick auf die Kolonien – dieser war in Europa verbreitet
und beliebt. Um das Verlangen nach Bildern der «exotischen»,
«primitiven» und «wilden Anderen» zu befriedigen, wurden diese Menschen
zu Objekten gemacht. Auf der einen Seite waren die Schweizer:innen –
zivilisiert und fortschrittlich; auf der anderen Seite die «Anderen»,
«Exotischen» und «Wilden» – primitiv und rückständig. Durch diese
Ausstellungen und die damit verbundenen Werbemittel wie Broschüren oder
Plakate wurde die kollektive Identität der Besucher:innen gefestigt,
denn: Beim Betrachten des «Anderen» wurde auch immer das «Eigene»
ausgehandelt. Die manipulierte Ausstellung aussereuropäischer Menschen
und der Zugriff auf sie verstärkten das Gefühl, kulturell überlegen zu
sein und rechtfertigten so die globalen Machtverhältnisse.